Interview mit mir selbst: Mit welcher Kamera fotografierst Du?

Rubinette
Kam­era: Canon 450D/ Objek­tiv: 18–55mm (Kit) bei 35mm/ Blende: 4,5

Auch wenn ich gerne zwecks Appeti­tan­re­gung und Inspi­ra­tion durch die Food­blogs stromere – Blog-Events sind nicht so mein Ding.  Aber der Aufruf von Zorra/ Kochtopf kam genau richtig, um endlich mal den Aller­w­ertesten hochzukriegen: schon lange habe ich vor, mal aufzuschreiben, wie ich fotografiere, aber es fehlte die zün­dende Idee.

Jet­zt fange ich ein­fach mal an.

Interview mit mir selbst

Mit welch­er Kam­era fotografierst Du?

Ich habe eine Canon EOS 450D. Ich habe sie im Jahr 2008 mit dem dazu gehören­den Kit-Objek­tiv für schätzungsweise 500 EUR gekauft. Das Mod­ell gibt es heute nur noch gebraucht, aber Canon hat inzwis­chen zwei neue Gen­er­a­tio­nen auf den Markt gebracht, die 550D und die 650D. Ich habe aber keinen Grund, mir ein neues Mod­ell anzuschaf­fen.

Warum hast Du Dich dafür entsch­ieden?

Ich hat­te eine Bridge-Kam­era und war mit den Möglichkeit­en nicht mehr zufrieden, die ich damit hat­te. Es ist zwar richtig, dass nicht die Kam­era das Bild macht, son­dern der Fotograf. Aber wie beim Kochen braucht man gutes Werkzeug, um gute Ergeb­nisse zu erzie­len. Das war allerd­ings noch vor der Zeit, als ich mit der Food­blog­gerei ange­fan­gen habe – ich hat­te eine län­gere Reise vor und wollte ein­fach mit besseren Fotos zurück kom­men.

Was war Dir bei der Auswahl wichtig?

Zimt-Kardmom-Schnecken
Kam­era: Canon 450D/ Objek­tiv: 50mm/ Blende 3,5

Zunächst mal habe ich ziem­lich aus­führlich alle Test­berichte studiert, die ich in die Fin­ger kriegen kon­nte. Dabei habe ich die Seite Dig­i­tal Pho­tog­ra­phy Review ken­nen und schätzen gel­ernt. Das sind die gründlich­sten tech­nis­chen Tests, die ich jemals gele­sen habe. Man muss allerd­ings schon ein biss­chen tech­nis­ches Hin­ter­grund­wis­sen haben, um das alles richtig zu ver­ste­hen. Und Englisch kön­nen, denn die Seite gibt es nicht auf Deutsch.

Nach­dem ich die Auswahl so auf zwei oder drei Mod­elle eingeschränkt hat­te, bin ich in den hiesi­gen Elek­tron­ik-Super­markt gegan­gen und habe die Dinger mal in die Hand genom­men. Soweit ich mich erin­nere, war damals eigentlich eine Olym­pus mein Favorit, weil sie klein und han­dlich war. Es hat sich dann aber her­aus­gestellt, dass sie für meine lan­gen Fin­ger zu klein war. Ins­ge­samt fand ich die Canon am besten zu hand­haben und das war dann let­ztlich der Entschei­dungs­grund. Tech­nisch gese­hen hat­ten die ver­gle­ich­baren Mod­elle von Canon, Nikon und Olym­pus alle ihre Vor- und Nachteile.

Würdest Du die gle­iche Kam­era wieder kaufen? Welche Vor- und Nachteile hat sie?

Komis­che Frage. Wenn heute wieder 2008 wäre, würde ich sie wieder kaufen. Wir haben aber 2013, es gibt von allen Her­stellern Nach­fol­ge­mod­elle, es gibt Sys­temkam­eras, es gibt spiegel­lose Kam­eras, die Foto-Handys sind bess­er gewor­den … wenn ich heute keine Kam­era hätte, würde ich halt wieder genau­so wie damals Tests lesen, die Geräte in die Hand nehmen usw.

Artischocken
Kam­era: Canon 450D/ Objek­tiv: 50mm/ Blende: 1,4

Es gibt ja qua­si religöse Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen Nikon- und Canon-Anhängern. Ich halte das für Quatsch. Das einzige, was man Canon vielle­icht als Nachteil anrech­nen kann, ist die ins Objek­tiv einge­baute Bild­sta­bil­isierung. Andere Her­steller bauen sie ins Gehäuse ein, so dass die Objek­tive etwas preiswert­er sein kön­nen. Dem ste­hen aber ange­blich tech­nis­che Nachteile ent­ge­gen. Aus mein­er Sicht ist das selb­st für ambi­tion­ierte Hob­by­fo­tografen aber nicht wirk­lich entschei­dend. Viel wichtiger ist, dass die Kam­era gut in der Hand liegt und man intu­itiv damit klarkommt.

Ich würde allerd­ings einen Fehler nicht mehr machen: ich würde heute nicht mehr das Kit-Objek­tiv kaufen. Es hat sich näm­lich sehr schnell her­aus­gestellt, dass ich mit 18 – 55mm Bren­nweite nicht auskomme, son­dern gerne mit Teleob­jek­tiv fotografiere. Gle­ichzeit­ig habe ich keine Lust auf Objek­tivwech­sel. Ich würde mir also gle­ich ein Super-Zoom kaufen wie das 18 – 200mm von Canon, das ich auf die Reise mit genom­men habe. Das hängt allerd­ings mehr mit mein­er Reise­fo­tografie zusam­men als mit dem Food­blog. Für den Ein­stieg in die Food­fo­tografie ist so ein Kit-Objek­tiv, wie es mit den meis­ten Kam­eras verkauft wird, schon in Ord­nung.

Was muss eine Kam­era unbe­d­ingt »kön­nen«? Also welche tech­nis­chen Eigen­schaften sollte sie haben?

Ich finde wichtig, dass man den Weißab­gle­ich ein­stellen kann (oder dass der automa­tis­che Weißab­gle­ich gut ist). Daran kann man bei der Nach­bear­beitung nur in begren­ztem Rah­men etwas ändern. Alles andere hängt davon ab, welchen Anspruch man an seine Bilder hat. Mir per­sön­lich ist wichtig, dass man die Blende ein­stellen kann (darüber steuert man unter anderem die Schär­fen­tiefe). Wech­selob­jek­tive sind auch wichtig, wenn man die Kam­era auch noch für andere Zwecke braucht als für Food.

Wichtiger ist aber, dass man sich mit der Kam­era und ein paar Grund­la­gen der Fotografie auch beschäftigt. Wer immer nur im Automatik-Modus fotografiert und keine Lust hat, sich mit dem Zusam­men­hang von Ent­fer­nung, Blende und Schär­fen­tiefe und Ähn­lichem zu befassen, sollte das Geld für eine Spiegel­re­flex lieber sparen. Oder in ein paar gute Kisten Wein investieren.

Welch­es Objek­tiv ver­wen­d­est Du am lieb­sten?

Melone-Gurken-Salat mit Zitronenmelisse
Kam­era: Canon 450D/ Objek­tiv: 50mm/ Blende: 1,4

Für den Blog habe ich mir das Canon EF 50mm/ 1,4/ USM gegön­nt. Das Objek­tiv ist prak­tisch verze­ich­nungs­frei und man kann mit weit offen­er Blende fotografieren, was eine gute Kon­trolle über die Schär­fen­tiefe ermöglicht. Den Effekt kann man sehr schön an dem Bild von dem Mel­o­nen­salat sehen. Dass man damit auch bei schlecht­en Lichtver­hält­nis­sen verwack­lungs­frei fotografieren kann, ist für mich nicht so rel­e­vant, da ich sowieso meist mit Kun­stlicht und Sta­tiv fotografiere. Ich komme nur abends zum kochen und fotografieren; tags muss ich mich um meinen Broter­werb küm­mern.

Manch­mal lasse ich aber auch das Super-Zoom drauf. Das kann man aber nicht so weit auf­blenden und deshalb kriegt man nicht so eine schöne Schär­fen­ze­ich­nung hin.

Bear­beitest Du die Bilder nach?

Avocado Gurke Zitrone
Kam­era: Canon 450D/ Objek­tiv: 18–55mm bei 34mm/ Blende: 8

Ja, unbe­d­ingt. Ich schaue, ob der Weißab­gle­ich stimmt (son­st wer­den die Far­ben unap­peti­tlich), helle hier und da ein biss­chen auf, drehe ein wenig am Kon­trast, kor­rigiere den Auss­chnitt ein wenig. Manch­mal stem­ple ich auch einen Krümel oder so weg, den ich auf dem Teller­rand überse­hen habe. Alles in Allem dauert das vielle­icht 10 Minuten pro Bild.

Kann man auch mit Kom­pak­tkam­eras und Handys gute Food­bilder machen?

Selb­stver­ständlich, wenn man die tech­nis­chen Möglichkeit­en berück­sichtigt. Ich habe mir mal den Spaß gemacht und den gle­ichen Auf­bau mit unter­schiedlichen Kam­eras fotografiert. Man sieht an den Bildern sehr schön, was geht und was nicht.

Wenn Du Dir das erste Bild mit den Avo­ca­dos, Gurken und Zitro­nen genau anschaust, erkennst Du, dass es nach hin­ten leicht unscharf wird. Genau das wollte ich erre­ichen.

Avocado Gurke Zitrone
Kam­era: Nikon Coolpix S220. Auch kein schlecht­es Bild, aber man sieht an den hellen Fleck­en auf der Zitrone, dass die Kam­era mit der Belich­tung Prob­leme hat: dunkel­grün und hell­gelb ist keine ein­fache Kom­bi­na­tion.

Das zweite Bild ist mit ein­er Nikon Coolpix S220 ent­standen. Die hat damals etwa 80 EUR gekostet und ist heute gar nicht mehr erhältlich.

Das Bild ist durch und durch scharf. Das ist tech­nisch bed­ingt und geht auf­grund des kleinen Sen­sors bei allen Kom­pak­tkam­eras und auch bei Foto­handys  nicht anders. Auch kein schlecht­es Bild, aber sub­til anders.

Lei­der merkt man an der Zitrone vorne links auch, dass die Kam­era mit den starken Hel­ligkeit­sun­ter­schieden zwis­chen dunkel­grün und hell­gelb nicht so richtig klar kommt.

Avocado Gurke Zitrone
Kam­era: Nikon Coolpix S220

Wenn man das berück­sichtigt, kann man sein Arrange­ment wie in dem drit­ten Bild ein­fach ein biss­chen umbauen, um solche Prob­leme zu ver­mei­den. Ich ver­mute übri­gens, dass die neueren Kom­pak­tkam­eras von Nikon oder anderen Her­stellern weniger Schwierigkeit­en hät­ten.

Avocado Gurke Zitrone
Auch das iPhone 5 macht schöne Bilder.

Auch das iPhone 5 hat leichte Prob­leme mit einem weit­en Dynamik­bere­ich, aber nicht so schlimm wie die Coolpix. Auch hier habe ich das mit einem entsprechen­den Arrange­ment umgan­gen: ich habe ein­fach die Zitrone ein biss­chen aus dem direk­ten Licht (das übri­gens bei allen Bildern vom Fen­ster kam) her­aus­gerückt.

Mit dem iPhone kann man übri­gens unglaublich nah an das Objekt herange­hen – hier waren vielle­icht 15 cm Abstand zwis­chen Linse und der vorderen Avo­ca­do. Bei Spiegel­re­flexkam­eras muss man für so einen gerin­gen Abstand richtig viel Geld für ein Weitwinkel-Makro-Objek­tiv anle­gen.

Wenn man die Bilder nebeneinan­der betra­chtet, sieht man übri­gens auch sehr schön, welche Bedeu­tung der Weißab­gle­ich hat: die Nikon macht eher gel­bliche (für meinen Geschmack etwas zu warme) Bilder, das iPhone macht’s eher bläulich und für meinen Geschmack zu kühl. Ich hätte das vielle­icht bei der Nach­bear­beitung angle­ichen kön­nen, aber das war ja nicht Zweck der Übung.

Welch­es Faz­it würdest Du daraus ziehen?

Jed­er sollte mit dem Gerät fotografieren, das er sich leis­ten kann und das er beherrscht. Auch mit preiswerten Kam­eras oder Kam­era-Handys kann man gute Bilder machen, wenn man weiss, was man tut. Schöne Beispiele für iPhone-Fotografie find­et man übri­gens bei Eye­Em. Man muss ein wenig suchen zwis­chen all den Fotos von Fin­ger­nagel-Make­up. Wenn man aber erst mal einen Anfang hat, z.B. bei @tpnotes, find­et man nach dem Schnee­ball­prinzip schnell weit­ere schöne Bilder.

Wer die Tech­nik beherrscht, kann sich­er mit ein­er besseren Kam­era auch bessere Bilder machen. Aber eine teure Kam­era allein reicht halt nicht aus, wenn man sie nicht ver­ste­ht.

Und was ist das für ein schreck­lich­es Bild zum Schluss?

Avocado Gurke Zitrone
Kam­era: Nikon Coolpix S220 mit automa­tis­chem Blitz. Bäh. Böse. Mit der Canon wäre es aber auch nicht bess­er gewor­den.

Das let­zte Bild habe ich zur Abschreck­ung gemacht: so sieht es aus, wenn man den Blitz ein­schal­tet. Auch mit dem Aufk­lapp­blitz der Canon wäre das nicht bess­er gewor­den. Wenn man mit Blitz arbeit­en muss, sollte man ihn nie direkt auf das Objekt richt­en. Aber das ist ja wahrschein­lich das The­ma eines weit­eren Food-o-grafie-Beitrags.

food-o-grafie 2013 - #1 Kamera Ausrüstung (Einsendeschluss 28.02.2013)

3 Gedanken zu „Interview mit mir selbst: Mit welcher Kamera fotografierst Du?“

  1. Ich bräuchte unbe­d­ingt eine Kam­era kann mich aber nicht entschei­den welche bess­er ist. Vie­len Dank für die tollen Infor­ma­tio­nen.

    Gruß Anna

    [edit: Link ent­fer­nt. Thomas]

    Antworten
  2. Sehr inter­es­sant! Selb­st habe ich eine NIKON Coolpix B500, bin super zufrieden damit. Mein Liebling­sob­jekt ist unser Mond ((unfass­bar, welche Auf­nah­men mir schon mit der kleinen Kam­era gelun­gen sind, NASA-Auf­nah­men zeigen manch­mal auch nicht mehr.), Blu­men- und Insek­te­nauf­nah­men sind eben­falls mein großes Hob­by.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar