In vielen Rezepten findet man den lapidaren Hinweis, soundso viele Eier mit einer anderen Zutat cremig zu rühren. Manchmal steht da noch etwas von »Wasserbad«, vielleicht auch noch der Hinweis, dass es nicht zu heiss sein darf. Tja, und das war’s dann auch schon. Ab wie heiss muss das Wasserbad denn nun sein? Und woran merke ich, dass ich genug gerührt habe? Was bedeutet »cremig« denn überhaupt? Das sind Mysterien, über die sich die meisten Kochbücher ausschweigen. Mit dem Effekt, dass die Creme mal gelingt und mal nicht und das Ganze sich überaus kompliziert anhört.
Das muss nicht sein. Hier zeige ich Dir, wie jede Eiercreme gelingt, wenn Du ein paar einfache Dinge berücksichtigst.
Die richtige Temperatur
Eigelb denaturiert bei ungefähr 45 °C, d.h. die Moleküle verändern sich. Bis ungefähr 65 °C ist das OK, denn es sorgt dafür, dass die Creme dick wird. Darüber wird’s kritisch, denn es bilden sich Klümpchen und bei 85 °C wird das Eigelb fest. Beim Rühren einer Creme kommt es also darauf an, die ideale Temperatur von ca. 65 °C zu erreichen, und zwar möglichst gleichmäßig. Deshalb hängst Du die Schüssel in einen Topf mit heißem Wasser − achte darauf, dass sie wirklich hängt und nicht den Topfboden berührt. Das Wasser sorgt für eine gleichmäßige Temperaturverteilung, denn es umschließt die Schüssel und verteilt die Hitze von der Herdplatte (bzw. dem Topfboden), die viel heißer sind.
Das Wasserbad sollte ungefähr 80 °C haben, damit in der Schüssel bei ständigem Rühren die optimale Temperatur erreicht wird. Du kannst das entweder durch eine Mischung von kochendem und kaltem Wasser erreichen, das Du dann mit etwas Feingefühl auf der Herdplatte heiß hältst. Oder Du setzt einfach Wasser auf und wartest, bis die ersten Bläschen vom Topfboden aufsteigen und regulierst die Herdplatte dann so ein, dass die Temperatur gehalten wird. Das schöne am Wasserbad ist, dass es auf ein paar Grad mehr oder weniger nicht ankommt. Wenn das Wasser zu kalt ist, dauert es halt etwas länger, bis die Creme fertig ist. Und wenn es ein paar Sekunden etwas zu heiß wird, macht das auch nichts: nimm einfach den Topf vom Herd und rühre weiter.
Tipp
Wenn die Creme doch mal so heiß wird, dass sie gerinnt, kannst Du sie mit etwas Glück noch retten: Rühre ein paar Tropfen eiskaltes Wasser ein. Das senkt die Temperatur schnell und effektiv, hilft aber nur, wenn Du wirklich schnell reagierst, bevor zu viel Masse geronnen ist.
Das Eigelb
Eigelb besteht ungefähr zur Hälfte aus Wasser und einem Drittel aus Fett. Frische Eigelbe enthalten außerdem viel Lecithin. Lecithin ist ein Emulgator, also ein Stoff, der dafür sorgt, dass sich eine Mischung von Fett und Wasser nicht gleich wieder trennt, sondern schön homogen bleibt.
Wenn Du Eigelb cremig rührst, stellst Du erst einmal eine Emulsion aus den wässrigen und den fettigen Bestandteilen des Eigelbs her. Damit das gut funktioniert, sollte anfangs nicht zu viel Fett in der Mischung sein – deshalb wird z.B. für Mayonnaise erst das Eigelb gerührt, und dann kommt das Öl dazu. Wässrige oder feste Zutaten (also z.B. die Gewürzreduktion bei der Hollandaise oder der Zucker bei einer süßen Creme) sind nicht so problematisch.
Die richtige Schüssel
Das erste Geheimnis einer gelungenen Creme ist die richtige Temperatur. Damit die Wärme des Wasserbads gut übertragen wird, muss die Schüssel aus Metall oder Porzellan sein. Metall überträgt die Wärme schneller, ist aber auch schneller wieder kalt. Bei Porzellan dauert das Erwärmen länger, dafür ist die Temperatur aber auch stabiler.
Das zweite Geheimnis ist schnelles und ausdauerndes Rühren. Die Schüssel muss also eine ausreichende Größe haben, damit’s nicht kleckert. Im Haushaltswarenladen gibt es sogenannte »Schlagschüsseln «, die die Form einer Halbkugel haben − damit gelingt’s am Besten. Aber im Grunde tut’s jede halbwegs runde Schüssel.
Die richtige Geschwindigkeit und viel Ausdauer
Das eigentliche Geheimnis aber ist Ausdauer. Die Emulsion ist relativ schnell erreicht, aber das ist noch keine Creme.
Man spricht übrigens nicht von »rühren«, sondern von »schlagen«: so ähnlich wie beim Sahneschlagen arbeitest Du mit dem Schneebesen winzige Luftbläschen in die Masse ein. Je schneller Du den Schneebesen durch die Eier wirbeln lässt, desto mehr Bläschen entstehen. Das kann ganz schön anstrengend sein, denn außer Geschwindigkeit brauchst Du Ausdauer: es dauert etwa 7 bis 10 Minuten, bis genügend feine Bläschen entstanden sind, die dann auch nicht gleich zerplatzen.
Die richtige Farbe und Konsistenz
Du wirst feststellen, dass sich beim Schlagen einiges verändert: die Luftbläschen werden kleiner und gleichmäßiger, die Farbe verändert sich und die Konsistenz wird fester – eben »cremiger«. Anfangs hast Du noch eine ziemlich dottergelbe Flüssigkeit mit ein paar ungleichmäßigen Blasen in der Schüssel, die gleich wieder platzen. Wenn Du fertig bist, hat sie sich in einen hellgelben, gleichmäßigen Schaum verwandelt, in den Du nun die weiteren Zutaten einarbeiten kannst, ohne dass er gleich wieder zusammen fällt.
Umgekehrt ausgedrückt: Du bist fertig, wenn die Masse hellgelb und schaumig ist und ungefähr die Konsistenz von flüssigem Honig hat.
Diese Hinweise haben mir heute wirklich mein Plätzchenrezept gerettet, vielen Dank.
Nun frage ich mich allerdings, wie lange sich Plätzchen mit einer Eiercreme-Buttermischung halten, ohne dass sich Salmonellen bilden.
Vielen Dank schon mal für die Antwort und eine schöne Adventszeit.
Hallo Katrin,
danke für deinen netten Kommentar. Ich kann zur Haltbarkeit keine qualifizierte Antwort geben. Persönlich verwahre ich alles, was mit rohem Eigelb zubereitet wurde, maximal für ein paar Tage im Kühlschrank auf (luftdicht verschlossen). In einer normalen Küche weiß man ja nie, ob man wirklich 65 Grad erreicht hat.
Schöne Grüße,
Thomas
Vielen Dank für die Beschreibung
Nur wenige Menschen können das, was sie gut können, auch beschreiben. Und zwar so, dass man es nachvollziehen kann. Also welche Schüssel, welche Temperatur außen und innen, welche Konsistenz – vergleichbar mit.. (in dem Fall flüssigem Honig).
Grüße
M. Flum