Auch wenn ich gerne zwecks Appetitanregung und Inspiration durch die Foodblogs stromere – Blog-Events sind nicht so mein Ding. Aber der Aufruf von Zorra/ Kochtopf kam genau richtig, um endlich mal den Allerwertesten hochzukriegen: schon lange habe ich vor, mal aufzuschreiben, wie ich fotografiere, aber es fehlte die zündende Idee.
Jetzt fange ich einfach mal an.
Interview mit mir selbst
Mit welcher Kamera fotografierst Du?
Ich habe eine Canon EOS 450D. Ich habe sie im Jahr 2008 mit dem dazu gehörenden Kit-Objektiv für schätzungsweise 500 EUR gekauft. Das Modell gibt es heute nur noch gebraucht, aber Canon hat inzwischen zwei neue Generationen auf den Markt gebracht, die 550D und die 650D. Ich habe aber keinen Grund, mir ein neues Modell anzuschaffen.
Warum hast Du Dich dafür entschieden?
Ich hatte eine Bridge-Kamera und war mit den Möglichkeiten nicht mehr zufrieden, die ich damit hatte. Es ist zwar richtig, dass nicht die Kamera das Bild macht, sondern der Fotograf. Aber wie beim Kochen braucht man gutes Werkzeug, um gute Ergebnisse zu erzielen. Das war allerdings noch vor der Zeit, als ich mit der Foodbloggerei angefangen habe – ich hatte eine längere Reise vor und wollte einfach mit besseren Fotos zurück kommen.
Was war Dir bei der Auswahl wichtig?
Zunächst mal habe ich ziemlich ausführlich alle Testberichte studiert, die ich in die Finger kriegen konnte. Dabei habe ich die Seite Digital Photography Review kennen und schätzen gelernt. Das sind die gründlichsten technischen Tests, die ich jemals gelesen habe. Man muss allerdings schon ein bisschen technisches Hintergrundwissen haben, um das alles richtig zu verstehen. Und Englisch können, denn die Seite gibt es nicht auf Deutsch.
Nachdem ich die Auswahl so auf zwei oder drei Modelle eingeschränkt hatte, bin ich in den hiesigen Elektronik-Supermarkt gegangen und habe die Dinger mal in die Hand genommen. Soweit ich mich erinnere, war damals eigentlich eine Olympus mein Favorit, weil sie klein und handlich war. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass sie für meine langen Finger zu klein war. Insgesamt fand ich die Canon am besten zu handhaben und das war dann letztlich der Entscheidungsgrund. Technisch gesehen hatten die vergleichbaren Modelle von Canon, Nikon und Olympus alle ihre Vor- und Nachteile.
Würdest Du die gleiche Kamera wieder kaufen? Welche Vor- und Nachteile hat sie?
Komische Frage. Wenn heute wieder 2008 wäre, würde ich sie wieder kaufen. Wir haben aber 2013, es gibt von allen Herstellern Nachfolgemodelle, es gibt Systemkameras, es gibt spiegellose Kameras, die Foto-Handys sind besser geworden … wenn ich heute keine Kamera hätte, würde ich halt wieder genauso wie damals Tests lesen, die Geräte in die Hand nehmen usw.
Es gibt ja quasi religöse Auseinandersetzungen zwischen Nikon- und Canon-Anhängern. Ich halte das für Quatsch. Das einzige, was man Canon vielleicht als Nachteil anrechnen kann, ist die ins Objektiv eingebaute Bildstabilisierung. Andere Hersteller bauen sie ins Gehäuse ein, so dass die Objektive etwas preiswerter sein können. Dem stehen aber angeblich technische Nachteile entgegen. Aus meiner Sicht ist das selbst für ambitionierte Hobbyfotografen aber nicht wirklich entscheidend. Viel wichtiger ist, dass die Kamera gut in der Hand liegt und man intuitiv damit klarkommt.
Ich würde allerdings einen Fehler nicht mehr machen: ich würde heute nicht mehr das Kit-Objektiv kaufen. Es hat sich nämlich sehr schnell herausgestellt, dass ich mit 18 – 55mm Brennweite nicht auskomme, sondern gerne mit Teleobjektiv fotografiere. Gleichzeitig habe ich keine Lust auf Objektivwechsel. Ich würde mir also gleich ein Super-Zoom kaufen wie das 18 – 200mm von Canon, das ich auf die Reise mit genommen habe. Das hängt allerdings mehr mit meiner Reisefotografie zusammen als mit dem Foodblog. Für den Einstieg in die Foodfotografie ist so ein Kit-Objektiv, wie es mit den meisten Kameras verkauft wird, schon in Ordnung.
Was muss eine Kamera unbedingt »können«? Also welche technischen Eigenschaften sollte sie haben?
Ich finde wichtig, dass man den Weißabgleich einstellen kann (oder dass der automatische Weißabgleich gut ist). Daran kann man bei der Nachbearbeitung nur in begrenztem Rahmen etwas ändern. Alles andere hängt davon ab, welchen Anspruch man an seine Bilder hat. Mir persönlich ist wichtig, dass man die Blende einstellen kann (darüber steuert man unter anderem die Schärfentiefe). Wechselobjektive sind auch wichtig, wenn man die Kamera auch noch für andere Zwecke braucht als für Food.
Wichtiger ist aber, dass man sich mit der Kamera und ein paar Grundlagen der Fotografie auch beschäftigt. Wer immer nur im Automatik-Modus fotografiert und keine Lust hat, sich mit dem Zusammenhang von Entfernung, Blende und Schärfentiefe und Ähnlichem zu befassen, sollte das Geld für eine Spiegelreflex lieber sparen. Oder in ein paar gute Kisten Wein investieren.
Welches Objektiv verwendest Du am liebsten?
Für den Blog habe ich mir das Canon EF 50mm/ 1,4/ USM gegönnt. Das Objektiv ist praktisch verzeichnungsfrei und man kann mit weit offener Blende fotografieren, was eine gute Kontrolle über die Schärfentiefe ermöglicht. Den Effekt kann man sehr schön an dem Bild von dem Melonensalat sehen. Dass man damit auch bei schlechten Lichtverhältnissen verwacklungsfrei fotografieren kann, ist für mich nicht so relevant, da ich sowieso meist mit Kunstlicht und Stativ fotografiere. Ich komme nur abends zum kochen und fotografieren; tags muss ich mich um meinen Broterwerb kümmern.
Manchmal lasse ich aber auch das Super-Zoom drauf. Das kann man aber nicht so weit aufblenden und deshalb kriegt man nicht so eine schöne Schärfenzeichnung hin.
Bearbeitest Du die Bilder nach?
Ja, unbedingt. Ich schaue, ob der Weißabgleich stimmt (sonst werden die Farben unappetitlich), helle hier und da ein bisschen auf, drehe ein wenig am Kontrast, korrigiere den Ausschnitt ein wenig. Manchmal stemple ich auch einen Krümel oder so weg, den ich auf dem Tellerrand übersehen habe. Alles in Allem dauert das vielleicht 10 Minuten pro Bild.
Kann man auch mit Kompaktkameras und Handys gute Foodbilder machen?
Selbstverständlich, wenn man die technischen Möglichkeiten berücksichtigt. Ich habe mir mal den Spaß gemacht und den gleichen Aufbau mit unterschiedlichen Kameras fotografiert. Man sieht an den Bildern sehr schön, was geht und was nicht.
Wenn Du Dir das erste Bild mit den Avocados, Gurken und Zitronen genau anschaust, erkennst Du, dass es nach hinten leicht unscharf wird. Genau das wollte ich erreichen.
Das zweite Bild ist mit einer Nikon Coolpix S220 entstanden. Die hat damals etwa 80 EUR gekostet und ist heute gar nicht mehr erhältlich.
Das Bild ist durch und durch scharf. Das ist technisch bedingt und geht aufgrund des kleinen Sensors bei allen Kompaktkameras und auch bei Fotohandys nicht anders. Auch kein schlechtes Bild, aber subtil anders.
Leider merkt man an der Zitrone vorne links auch, dass die Kamera mit den starken Helligkeitsunterschieden zwischen dunkelgrün und hellgelb nicht so richtig klar kommt.
Wenn man das berücksichtigt, kann man sein Arrangement wie in dem dritten Bild einfach ein bisschen umbauen, um solche Probleme zu vermeiden. Ich vermute übrigens, dass die neueren Kompaktkameras von Nikon oder anderen Herstellern weniger Schwierigkeiten hätten.
Auch das iPhone 5 hat leichte Probleme mit einem weiten Dynamikbereich, aber nicht so schlimm wie die Coolpix. Auch hier habe ich das mit einem entsprechenden Arrangement umgangen: ich habe einfach die Zitrone ein bisschen aus dem direkten Licht (das übrigens bei allen Bildern vom Fenster kam) herausgerückt.
Mit dem iPhone kann man übrigens unglaublich nah an das Objekt herangehen – hier waren vielleicht 15 cm Abstand zwischen Linse und der vorderen Avocado. Bei Spiegelreflexkameras muss man für so einen geringen Abstand richtig viel Geld für ein Weitwinkel-Makro-Objektiv anlegen.
Wenn man die Bilder nebeneinander betrachtet, sieht man übrigens auch sehr schön, welche Bedeutung der Weißabgleich hat: die Nikon macht eher gelbliche (für meinen Geschmack etwas zu warme) Bilder, das iPhone macht’s eher bläulich und für meinen Geschmack zu kühl. Ich hätte das vielleicht bei der Nachbearbeitung angleichen können, aber das war ja nicht Zweck der Übung.
Welches Fazit würdest Du daraus ziehen?
Jeder sollte mit dem Gerät fotografieren, das er sich leisten kann und das er beherrscht. Auch mit preiswerten Kameras oder Kamera-Handys kann man gute Bilder machen, wenn man weiss, was man tut. Schöne Beispiele für iPhone-Fotografie findet man übrigens bei EyeEm. Man muss ein wenig suchen zwischen all den Fotos von Fingernagel-Makeup. Wenn man aber erst mal einen Anfang hat, z.B. bei @tpnotes, findet man nach dem Schneeballprinzip schnell weitere schöne Bilder.
Wer die Technik beherrscht, kann sicher mit einer besseren Kamera auch bessere Bilder machen. Aber eine teure Kamera allein reicht halt nicht aus, wenn man sie nicht versteht.
Und was ist das für ein schreckliches Bild zum Schluss?
Das letzte Bild habe ich zur Abschreckung gemacht: so sieht es aus, wenn man den Blitz einschaltet. Auch mit dem Aufklappblitz der Canon wäre das nicht besser geworden. Wenn man mit Blitz arbeiten muss, sollte man ihn nie direkt auf das Objekt richten. Aber das ist ja wahrscheinlich das Thema eines weiteren Food-o-grafie-Beitrags.
Interessantes Interview. ;-) Mir gefällt vor allem die Vergleichsreihe. Danke für die Mühe.
Ich bräuchte unbedingt eine Kamera kann mich aber nicht entscheiden welche besser ist. Vielen Dank für die tollen Informationen.
Gruß Anna
[edit: Link entfernt. Thomas]
Sehr interessant! Selbst habe ich eine NIKON Coolpix B500, bin super zufrieden damit. Mein Lieblingsobjekt ist unser Mond ((unfassbar, welche Aufnahmen mir schon mit der kleinen Kamera gelungen sind, NASA-Aufnahmen zeigen manchmal auch nicht mehr.), Blumen- und Insektenaufnahmen sind ebenfalls mein großes Hobby.