Rindfleisch muss reifen, damit man es verzehren kann. Ganz frisch geschlachtetes Fleisch (falls es nicht sehr dünn geschnitten oder durch einen Fleischwolf gedreht wurde) ist ungenießbar, denn es lässt sich nicht kauen. Der Grund dafür ist das Bindegewebe, das die einzelnen Muskelfasern zusammenhält und durch die Reifung – und später beim Braten, Schmoren oder Kochen – erst aufgelöst werden muss.
Eine Methode, Fleisch reifen zu lassen, nennt sich dry aging. Was genau verbirgt sich dahinter?
Zusammenfassung
- Fleisch muss einige Zeit reifen, damit sich das Bindegewebe abbaut. Wenn Fleisch trocken gereift wird, spricht man von dry aged. Früher war dies die einzige Reifungsmethode und man nannte es einfach abhängen. Gut abgehangenes Fleisch erkennt man an der dunkelroten Farbe.
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- Alles über den Aufbau von Muskeln findest Du in der Wikipedia. Eine sehr detaillierte Beschreibung der Vorgänge beim Reifen gibt es bei Aurant.de.
Fleisch besteht aus unglaublich vielen Muskelfasern, die von Bindegewebe umhüllt und zu Faserbündeln zusammengefasst sind, die wiederum von Bindegewebe umhüllt sind. Wie viel Bindegewebe ein Stück Fleisch hat, hängt im Wesentlichen davon ab, aus welchem Stück des Tieres es geschnitten wurde: eine Beinscheibe hat viel mehr Bindegewebe als ein Filet. Und je mehr Bindegewebe ein Stück Fleisch hat, desto zäher ist es zunächst.
- Was Bindegewebe ist und warum es für’s Kochen wichtig ist, habe ich hier schon mal beschrieben.
Das Bindegewebe muss also abgebaut werden. Dies geschieht schon beim Lagern, und hier kommt der Begriff dry aged ins Spiel. Man kann Fleisch nämlich entweder trocken reifen lassen oder feucht.
Trocken gereiftes Fleisch lässt der Fleischer im Kühlraum mindestens 11 Tage hängen, möglich sind Reifezeiten bis zu 30 Tagen. Dabei verliert das Fleisch viel Wasser und damit Gewicht. Früher hätte man dazu Fleisch abhängen lassen gesagt.
Außerdem entsteht eine dünne Schicht Schimmel an der Oberfläche, vor der man sich nicht ekeln muss – stell‘ sie Dir einfach wie die äußere Schicht eines Camembert-Käses vor. Im Unterschied zum Camembert muss der Schimmel allerdings vor dem Verkauf entfernt werden – weiterer Gewichtsverlust.
Je nachdem, wie lange das Fleisch reift, kann der Gewichtsverlust gegenüber dem frisch geschlachteten Stück 10 bis 30% betragen – man unterzieht deshalb nur hochwertige Stücke dieser Prozedur.
Durch das Abhängen wird das Fleisch also sozusagen konzentriert. Außerdem entstehen durch den Abbau des Bindegewebes Aromastoffe. Abgehangenes, trocken gereiftes (oder eben dry aged) Fleisch schmeckt deshalb sehr kräftig.
Das meiste Fleisch, das wir heute kaufen, ist feucht gereift. Dazu wird es in Vakuumbeutel eingeschweißt. Der Abbau des Bindegewebes funktioniert grundsätzlich genauso wie beim dry aging, aber es entsteht sehr viel weniger Gewichtsverlust. Das Fleisch ist feuchter, wird beim Braten etwas weicher und schmeckt weniger aromatisch.
Dry aged Rindfleisch kannst Du an der dunkelroten Färbung erkennen. Sie entsteht durch ein bestimmtes, rot gefärbtes Proteins namens Myoglobin. Da es beim Reifen nicht mit verdunstet, wird auch der Farbstoff konzentrierter – das Fleisch wird röter.
- Myoglobin, nicht Blut, ist auch der Stoff, der den Fleischsaft eines englisch gebratenen Steaks rot färbt.
Auf dem Foto kannst Du den Farbunterschied zwischen dry aged (links) und feucht gereiftem Fleisch (rechts) gut erkennen. Beide Stücke sind Filetsteaks vom Bio-Fleischer, also von bester Qualität.